Minnesota = Florida

Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Norm Coleman erklärt sich selbst zum Sieger, während er knapp über 300 Stimmen Vorsprung hat. Im Forum der Star Tribune werfen sich die Bürger gegenseitig Fäkalwörter an den Kopf und bezichtigen sich des Wahlbetrugs. Ich habe seit knapp 24 Stunden so extreme Flashbacks dass es weh tut.

Wie kann es sein, dass die angebliche Vorzeigedemokratie der Welt es immer noch nicht gelernt hat? Es gibt Wahlgesetze dort, die bei einem Vorsprung von weniger als 0,5 Prozent eine Neuauszählung vorsehen. Der Fall tritt ein und auf einmal kommen die ganzen Kellerasseln aus ihren Löchern, die es immer noch nicht begriffen haben. Obwohl es mehr als ein Dutzend Dokumentationsfilme, dutzende Bücher und offene Eingeständnisse der großen TV-Stationen gibt, dass sie die Wahl in Florida zum Präsidentenamt 2000 falsch angegangen sind, dass Fehler gemacht wurden, dass es im Endeffekt eine „Schande“ („Disgrace“) gewesen ist, dass kritiklos angebliche Fakten einfach übernommen wurden

Wie man es richtig macht hat CNN dieses Jahr gezeigt, in dem sie bis zum 11 Uhr EST gewartet haben, bevor sie mit absoluter Sicherheit sagen konnten, dass Barack Obama Präsident ist, ohne auch nur einen Staat der knapp war fälschlicherweise irgendeinem Kandidaten einfach so zuzuordnen.

Und in Minnesota? Da macht der Kandidat der Republikaner genau das, was schon 2000 in Florida passiert ist, und seine Anhänger jubeln ihm zu.

Nur um eins klar zu stellen: ich mag Al Franken, doch auch ich sehe ihn nicht völlig ohne Kritik. Nur: die Vorgehensweise von Norm Coleman mit einer Reihe von Attack-Ads nicht nur durch ihn sondern auch durch die ihn unterstützenden Gruppen, mit nichts anderem als Lügen in Richtung Al Franken hat mich bereits bis zum es-geht-nicht-mehr angekotzt. Wie kann es sein, dass sowas in einer Demokratie überhaupt erlaubt ist? Dass man nichts anderes tut als lügen, um sein Amt zu sichern? Und wenn man dann in einen Bereich kommt, der mit Nichten als absolut zu bezeichnen ist, sich einfach zum Sieger erklären kann, ohne dass dieser „Sieg“ vom Gegenkandidaten akzeptiert wurde? Wie geht das? Wie? Wie kann es ihm nicht vom Bundesstaat einfach verboten werden, dass er so etwas behauptet? Mehr als 2,9 Millionen Stimmen wurden abgegeben und er hat knapp 300 Stimmen Vorsprung. Das sind 300/2900000 = 0,01 Prozent. Das ist ein Fünfzigstel dessen, was noch eine Neuauszählung bedeuten würde. Nochmal: es würde neu ausgezählt, wenn der Abstand 15.000 Stimmen betrüge. Coleman erklärt sich zum Sieger, weil er 300 Stimmen Vorsprung hat.

DAS nenne ich mal Demokratie.